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Atmosphären-Verbesserer

Ich wechsle Phis Bettwäsche. Phi steht dekorativ quasselnd im Türrahmen und schaut mir zu.

Ich: Phi, hör auf zu quasseln und hilf mir. Das war so ausgemacht. Was stehst du da im Türrahmen rum?

Phi (ausladend gestikulierend): Warte jetzt, Mami! Ich sorge hier für gute Gefühle, weisst du, für eine gute emotionale Atmosphäre.

Ich: Aha.

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Sonnensuche

Ich würde gerne behaupten, dass ich eine sehr gute Nacht hatte, wieder in einem Bett. Aber das Sich-hinein-legen in die weisswolkige Bettwäsche war schon das Schönste. Da ich im Sommer auch daheim immer unter freiem Himmel schlafe, war die Nacht drinnen ungewohnt und mittelprächtig.

Die Wetterprognose verschlechterte sich zusehends. Die Berggipfel hingen immer noch in den Wolken und die Passüberquerung war wohl zu gefährlich. Sollte ich bleiben? Einfach im Tal weiterwandern?

Letzteres wollte ich auf keinen Fall. Wozu dann mein Antihöhenangst-Training? Ausserdem war Sommersaison und zuviel Halligalli hier unten.

Ich erkundigte mich an der Rezeption. Denn am Vortag wurde ich in der Touri-Info sehr gut beraten und hatte nun noch eine weitere Wetter-App auf dem Handy mit bergspezifischen Infos.

Die Rezeptionistin war eine Katastrophentante erster Güte:

Oh nein! Auf KEINEN FALL dürfe ich in die Berge!

Der NEBEL, viel zu gefährlich!

Und wenn es so regnete, könnte sogar der Weg WEGGESCHWEMMT sein.

Der Weg sei EXTREM STEIL und anspruchsvoll.

Das wäre GROBFAHRLÄSSIG.

Schon gut. Danke. Ich wollte ja eigentlich auch nur eine Bestätigung, nicht gleich das ganze Katastrophenszenario.

Meine inzwischen drei Wetter-Apps zeigten mir fast keinen trockenen, gewitterwarnungfreien Flecken in den nächsten ZWEI Tagen.

Shit. Dabei kam ich mir schon seit dem Aufstehen wie ein eingesperrtes Tier vor in meinem Hotelzimmer.

Einzig Richtung Tessin schien es etwas besser zu sein. Regen bis 10:00 Uhr, danach bloss noch Bewölkung MIT Sonne. Keine Gewitter, da waren sich meine drei Apps einig.

Im Postauto auf den San Bernardino-Pass regnete es. Und hörte auf, als ich oben ankam, wie prognostiziert.

Das Ospizio war geschlossen, der Toilettenwagen auch, so dass sich wie sonst auch vor dem Frauenklo eine Schlange bildete. Diesmal einfach, um hinter den Klowagen zu pinkeln.

Ich suchte in meiner Karte nach dem Weg und versuchte mich zu orientieren, als es zu donnern begann.

Dann Regen.

Dann Hagel.

Zusammen mit zwei Rollerfahrern pressten wir uns unter ein kleines Vordach an die Mauer des geschlossenen Ospizios, unsere Smartphones in den Händen und starrten kopfschüttelnd auf unsere Wetter-Apps:

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Hunger wie schwanger

Erst um sechs Uhr erwachte ich diesmal.

Seltsamerweise passt sich das Fassungsvermögen der Harnblase den klimatischen Bedingungen an, leider umgekehrt proportional: Je schlechter das Wetter, je mehr Kälte, Regen oder Schnee, desto schneller ist die Blase voll und treibt mich mehrmals aus meinem kuscheligwarmen Nest zum Pinkeln.

Diese Nacht aber war trocken und pinkelpausenfrei, so dass ich beim Aufwachen keine Ahnung hatte, wo ich war und was da so lärmte. Waldboden, Grünzeug… ah! Vögel!

Ich kochte Kaffee, wusch mich, ass mein Abendessen, für das ich gestern zu müde war, dann noch mein Frühstück, packte zusammen und suchte die Bushaltestelle.

Am Anschlagbrett der Bushaltestelle hing ein Zettel: Campingplatz 300m rechts. Well… 🤷‍♀️

Der Plan war, eine Nacht im Hotel zu verbringen und wenn die Gewitterfront hoffentlich weitergezogen war, meinen Weg vom Endpunkt der Strecke her wieder aufzunehmen.

In Sargans stürzte ich ins nächste offene Lebensmittelgeschäft und kaufte einen Kaffee und einen Apfel. Hmm, etwas Frisches!

In Chur tigerte ich vor dem Mc Doof hin und her und fragte mich: Warum öffnet der erst um 10:00 Uhr? WARUM? Ich habe HUNGER!!

Nach einer grossen Portion Pommes spürte ich ein akutes Verlangen nach Blaubeeren. Und Joghurts.

Die löffelte ich am Busbahnhof leer und fuhr in mein Hotel.

Um 14:00 Uhr schob ich noch eine Riesenportion Spaghettis nach und dachte eigentlich, das sollte jetzt reichen.

Tat es nicht. Also Proviant einkaufen.

trockener Schlafplatz

Waschen und Powerbank füttern.

Duschen.

Sauna.

Duschen.

Barbie.

Und zu viele Menschen!

Was für ein Kontrast.

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Monstermarsch III

Es wurde wieder einsam. Nur Sonne, Himmel, Wolken, Steine und die weiss-rot-weissen Markierungen – die plötzlich aufhörten. Da ich aber die Richtung wusste, war das kein Problem.

Hochebene: Hier kam ich kurz vom Weg ab

Immer den Gipfel im Rücken, dessen Pass ich am Vormittag erklommen hatte..

Passübergang rechts von der Bergspitze

Dann einen Höhenzug entlang. Kurze Verwirrung, da der Grat nicht umgehen werden konnte, also kraxeln.

Wie machen das wohl die 6-Kilo-Dosenravioli-Jungs mit ihren Monsterrucksäcken?

Im nachhinein stellte ich fest, dass das die einzige Kraxelstelle gewesen wäre. Wäre. Also man hätte die anderen Stellen auch umgehen können. Hätte. Tja. Aber es gab auch schön geschwungene Trampelpfade.

geschwungener Trampelpfad

Irgendwann ein Hinweisschild, das einen weniger steilen Alternativabstieg signalisierte und das ich professionell ignorierte. Nicht die beste Idee, die ich je hatte.

noch ein Güpf
und noch einer
oder zwei

Ich lief schon halb deliriös, wann kam den nun endlich der supersteile Abstieg?

Hier: Nette 1300 Hm. Da wars schon etwas entspannter.

Der Beginn des Abstiegs war wie eine Treppe, nur ohne Stufen. Steil und mit viel Schlamm. Machte keinen Spass. Aber da ich alleine war, konnte ich ausgiebig Fluchen, jedesmal wenn der Untergrund unter meinem Tritt wegzurutschen drohte.

Das Tal gefiel mir gar nicht: steil, eng, feucht, düster, beklemmend. Kein lauschiger Ort für eine Nacht. Die oberste Schlafplatzsuchregel lautet ja: Du musst dich wohl fühlen (das schliesst Steinschlaggefahr, Sumpfgebiete, Totholz überm Kopf, Hirtenschutzhunde und zu zivilisationsnahe oder windexponierte Stellen automatisch aus).

Vielleicht könnte ich ja an einen anderen Ort fahren. Ich bin ja frei, kann tun und lassen, was ich will.

Nur noch ein paar hundert Höhenmeter

Als es etwas flacher wurde, hielt ich nach einem einigermassen gemütlichen Schlafplatz Ausschau. Nada. Nix.

Entweder Wald oder steil oder Kuhland.

Fast unten, hörte ich das letzte Postauto auf der Dorfstrasse beschleunigen. Tja. Hmm.

Endlich ganz unten im schmalen Tal: ein kleines Dorf, ein Fluss, eine Strasse und sonst Hanglage.

Hmm…

Meine Füsse fühlten sich wie Hackfleichbällchen an. Für einmal war ich nicht in Barfussschuhen unterwegs, sondern in den minimalistischsten Wanderschuhen, die ich finden konnte. Weil es ja heisst: gutes Schuhwerk und so. Und um Fe und Phi zu beruhigen, die mich regelmässig ermahn(t)en, worauf ich achten sollte, dass es nicht gefährlich werden würde.

Der Schuhkauf war ein Trauerspiel gewesen. Als Erwachsene hatte ich Schuhgrösse 41. Nach einer Schwangerschaft Grösse 41,5 und nach der zweiten 42. Zum Glück habe ich mich nicht noch weiter vermehrt…. 🙈Wanderschuhe sollten aber noch grösser sein als Strassenschuhe, will man seine Zehennägel auch noch nach dem Abstieg sein eigen nennen. Dazu habe ich sehr schmale Füsse und fühle mich in allen Tretern mit Sprengung, Fussbett und harter Sohle wie in zwei Betonklumpen eingepfercht. Der Preis des Barfusslaufens.

Ich suchte also nach einem wandertauglichen Damenschuh (schmal) in Herrenschuhgrösse (43) und dachte nach zwei Stunden im Fachgeschäft, sie werfen mich gleich raus… (Damenschuhe gibt es nur bis Grösse 42.). Das einzige Paar, das einigermassen alle Kriterien erfüllte, trug ich nach Hause.

Nun ja, ich lief also weiter mit meinem Hackfleischbällchen, die in der Verpackung Grösse 43 steckten. Aber als ich so im Tal hin und herstapfte und keinen Schlafplatz fand, spielte ich kurz mit dem Gedanken, mich bei Dunkelheit einfach in den nächsten Vorgarten zu kuscheln: kuhfrei und eben.

Dann sah ich eine Feuerstelle am Fluss mit Toilette, Sitzgelegenheit und Dach. Eine Luxusbleibe mit fliessend Wasser!

Falls das Gewitter bereits in der Nacht aufkreuzen sollte, hätte ich ein Dach über dem Kopf.

Zimmer hinten rechts

An einem Sonntagabend war nicht mit trinkfreudigen Jugendlichen oder liebestollen Päärchen ohne feste Bleibe zu rechen, die mitten in der Nacht auftauchen würden. Auch wenn der Picknickplatz eigentlich zu zivilisationsnah gelegen war. Als Scherheitsmassnahme rollte ich meinen Biwaksack hinter dem Hüttchen aus. Es dämmerte bereits und würde bald dunkel sein.

Als ich die Schlafmatte aufpumpen wollte, hörte ich plötzlich Stimmen. Mehrere Kinderstimmen, ein Kind driftete dem Geräusch nach mit seinem Fahrrad im Kies. Sie stoppten vor der Hütte. Ich duckte mich hinter der Holzwand und lauschte still.

Dann kam ein Hund um die Ecke gesaust – zu mir nach Hinten – und kläffte mich an. Die Kinderstimmen verstummten.

Stille.

Dann:

“Komm her Fitz! Fiiitz. Was hast du dort gefunden? Einen Fuchs?”

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Glaubensfrage

Grosse Diskussion mit Fe über Sekten, Freikirchen, Scientology.

Phi: In der Schule haben mich die anderen gefragt „Glaubst du an Gott?
Ich fragte dann „Welchen Gott?“
Sie meinten „Wenn du nicht an Gott glaubst, dann bringt er dich um!
Und ich „Ah ja, welcher Gott?“

Touché würde ich sagen!

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role model

Wenn die Kids plötzlich nicht mehr Scooter fahren wollen, sondern es lieber mit Skateboard probieren, weil:
Mami, du bist so cool vom Board geflogen!!!! 🚀🚀
(Naja, ich versuchte über ein Hinderniss zu kommen, hab vergessen zu poppen und fuhr vollgas rein, flog vom Brett…)

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Nach der Massage

Er: Das war aber höchste Zeit, bei Ihrem Muskeltonus.
Ich: 😬
Er: Trinken Sie genug?
Ich: 😬😬😬
Er: Das merkt man.
Ich: 🤔
Er: Hier, ganz hart. Da, an der Wade. Schauen Sie bei mir.
Ich: 😳😳
Er: Das sollte weich wie Butter sein.

Und ich dachte, toll, straffes Gewebe. Dabei bin ich bloss verdorrt! 😱

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Unglaubwürdige Traumärztin

Sie: Na wenn es zu heiss ist und sie nicht schlafen können, dann öffnen sie doch das Fenster. Ist ja jetzt Herbst.

Ich: Aber im Halbschlaf. Wenn ich aufstehe und das Fenster öffne, dann bin ich ja wach…

Sie: Dann strecken sie halt die Füsse unter der Bettdecke heraus.

Ich: (sage nicht, was ich denke)

Sie faltet einen zerknüllten Rezeptzettel auf, darauf steht:
„Und wenn mir die Monster unterm Bett die Zehen anknabbern? – Mit den knabbernden Monstern müssen sie halt etwas Nachsicht haben.“

Meine Träume waren auch schon hilfreicher…

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Tigerprothese

Phi: Guck Mami, der hat gar keine Zähne mehr! Weil er so viel Süsses isst!
Ich: Ok. Malen wir dem armen Tiger ein Gebiss.

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Le bonheur est un choix

Da bin ich in den Ferien an diesem malerischen Touristenort, dem schon Marcel Proust ein literarisches Denkmal setzte und wundere mich über all die griesgrämigen Gesichter.
Was diese Gesichter sollen, frage ich mich auch zu Hause. Aber dort ist Alltag und Arbeit. Hier Sonne, Strand und Ferien. Wies scheint, wollen die gar nicht hier sein.

Ein Paar läuft vorbei, er vorne, sie jagd ihm nach.
Er: Aber du wolltest ja…
Sie: Ich? Aha! Immer ich…
Dann sind sie weg.

Und andere schmallippige Gesichter ziehen an mir vorbei. Warum sind sie denn hier, wenn es sie anscheinend nicht glücklich macht? Keiner lacht. Sie hetzen vom Strand weg und lecken mit sauren Gesichtern süsses Eis: Ältere, Paare, Familien, Jugendliche.

A la recherche du temps perdu.

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