Vor meinem Hotelzimmer bauten sie ab halb acht den Markt auf. Und was für ein Markt!

Neben Gewürzen, Obst, Gemüse, Oliven, Käse, Würsten und Fischen und Meeresfrüchten, gab es auch Riesen-Nougat-Blöcke, mehrere Hühnchen-Röstereien, Riesenpaella-Pfannen, Kleider, Schmuck, sogar Matratzen gabs zu kaufen. Kurz: Alles.
Am meisten Lärm machte ein Schreihals, der an seinem Stand Parfümfläschchen verteilte: Gratis. Nicht gestohlen, das sei Werbung. Letztes Mal hätten sie ihm die Polizei auf den Hals geschickt, weil er das Geschäft kaputt mache. Nehmen sie, gratis, nicht gestohlen…!!
Ich schlich mich vorbei, denn von den meisten Parfums wird mir schwindlig und kaufte stattdessen nicht zu schwere Mitbringsel. Zurück im Hotel packte ich alles in meine Radtaschen, checkte aus und rollte ziellos durch Arles. War schwierig, denn da Samstag war, waren noch mehr Leute unterwegs, als am Vortag.






Ich sass da etwas in Arles rum und konnte mein Glück kaum fassen. Vor mir die Arènes, die Beine schwer, der Kopf voller Eindrücke. Was bin ich nur für ein Glückspilz, dass ich das erleben kann. Dass ich zwei Jahre nach meiner letzten Chemo wieder so eine Reise machen kann! Ist das zu fassen?
So viele schöne Orte sehen!
Der Geruch und das Zirpen, wenn man durch die Pinienwälder fährt.
Das Rauschen des Meeres, dass mich in den Schlaf lullte.
Den Sonnenaufgang an Deck mit einem Kaffee in der Hand.
Der Blick vom Tour von 550 Höhenmetern, zu beiden Seiten das Meer und wissen, aus eigener Kraft da hochgekommen zu sein.
Die vielen kleinen Zwischendurchgespräche, Blitzlichter in andere Leben. Auf Deutsch, Schweizerdeutsch, Englisch, Französisch und Italienisch.
Die Stierherde überlebt zu haben. 😬
Ist das Leben nicht schön?!

Auf die Entsandung und die Waschmaschine. Auf Freunde und Fe und Phi.
Ich reiste mit dem TER zurück. Auf TGVs gibt teilweise gar keine Radplätze und die wenigen, die existieren, sind schon lange ausgebucht. Die TER nehmen Räder ohne Gebühr mit. Wir standen in Arles etwa zu zehnt mit unseren Rädern bereit und ich kriegte nicht nur wegen der Sonne leichte Schweissausbrüche. Was, wenn der Zug schon voll ist?
Aber im Zug war ein offizieller Radstapler. Da ich bis Valence fuhr, wurde mein Rad an eine Haken gehängt. Die beiden Räder nach Oranges nur an die Wand gelehnt.
Erster Zug ✅ 😅
Irgendwie dämmerte mir unterwegs etwas und ich kontrolliere, ob es in Valence nicht mehrere Bahnhöfe gibt. Tatsächlich! Wieder mal ein Bahnhofswechsel. Und obwohl bei jeder Station noch mehr Räder reingestapelt wurden und der Zug sich zunehmend verspätete, blieb ich tiefenentspannt. Mit 1,5 h Wartezeit könnte ich die 10km zwischen den Bahnhöfen locker auch per Rad zurück legen, selbst wenn sie zu einer Stunde schrumpfen würde.
Doch ich wählte den TER, es war nämlich unglaublich heiss. Und weitere 5,5 h verschwitzt im Zug – lieber nicht.

Ich half einer Radreisenden aus Bern mit meinem Schloss aus und wir fachsimpelten über Ausrüstung und erzählten uns unsere Reisen de facto bis sie in Neuchâtel umsteigen musste.
Ich liess sie sogar unter meinen Schlafsack. Warum in aller Welt muss ein Zug auf 18° runtergekühlt werden im Hochsommer????!
Bis Genf gings noch einigermassen. Dann wurde das Sitzen schmerzhaft. Wenn man so die ganze Zeit unterwegs ist, hält man das kaum aus. Ich halte ja schon sonst langes Sitzen kaum aus. Aber nun wurde es zur Qual.
Aber irgendwann war ich in meiner Hometown.

Ich versuchte mit meinem Rad möglichst leise am Open-Air-Kino im Quartier vorbeizuquietschen (Mein Rad hatte irgendwo um Marseille seine musikalische Seite entdeckt und quietschte fortan.)
Dann drehte ich zur Begrüssung eine Runde durch die Nachbarschaft, bevor ich mich aufs Sofa legte und nicht mehr aufstand.
Das war vor zwei Stunden.
Und nun gute Nacht! ✨