Ich musste mich echt jeweils bemühen, im Tal, wenn ich Handyempfang hatte, nicht zu vergessen, mir die aktuellen Karten herunter zu laden. Kommunikation und Organisation erledigen. Ich weiss nicht mehr wo auf der Strecke, aber einmal vergass ich es und fand es extrem mühsam ohne Karte. Der Weg war fast immer gut ausgeschildert, aber Höhenkurven, Bäche und Distanzangaben auf Karten können schon echt tröstlich sein, wenn man halb verdurstet und ganz erschöpft über das Geröll stolpert.
Was ich auch nicht vergessen durfte, war, mich regelmässig bei Fe zu melden: “Hoi, ich läbe no. 🙋♀️»
Ich schickte ihm Fotos und er mir auch und wir erzählten uns unsere Best-of-Ferien-Erlebnisse. So wusste auch jemand Bescheid, wo ich unterwegs war, nun wo meine Schwester nicht mehr meine Wingwoman sein konnte, die bei Funkstille Alarm schlagen würde.
Neben dem Herunterladen der Karten, dem Austausch mit Fe und den gelegentlichen Nachrichten an und von Phi, checkte ich diesmal auch meine Mails.
„Hello, I’m from South-Africa and would like to stay at your place…”
WTF???
Seit wann wollten die keine Anzahlung mehr, damit ich meinen Lotto-Gewinn oder Erbe eines entfernten, steinreichen Verwandten kriegen würde, sondern direkt zu mir kommen?
Dann sah ich den Absender. Ach ja, da war mal was…
Letzten Sommer meldete ich mich vor meiner Radreise auf einem Internetportal an, wo Bikereisende gratis Unterkünfte anbieten und finden können. Eine Art Couch-Surfing, aber explizit nur für Radreisende auf Tour. Man kann die Plattform nur kostenlos nutzen, wenn man sich auch als Host registriert. Nach der Registrierung hatte ich direkt angegeben, dass ich selber unterwegs war und als Gastgeberin jenen Sommer nicht zur Verfügung stehen würde. Ich Ghost-Host. Genutzt hatte ich die Plattform auf meiner Reise nie. Und dann komplett vergessen.
Nun also die erste Anfrage. Fand ich lustig, dachte echt nicht, dass sich jemand in meine Gegend verradelt.
Natürlich sagte ich ab, war ja selbst unterwegs. Und ich war echt froh, einen guten Grund zu haben, als ich zwei Tage später die nächste Anfrage in meiner Mailbox sah. Sie war so ausführlich, dass ich mir gut vorstellen konnte, wie der Biker mich totquatscht.
Nach dem Lesen der Mail wusste ich sein Alter, seinen Wohnort, seine Herkunft, seinen Beruf, seine Position, seine sportlichen Ziele, seine Gründe für seine sportlichen Ziele, wie grossartig seine Ziele sein werden und wie sehr er sich freut sich über (seine) Ziele auszutauschen.
Wie auf einem Datingportal. Wenn Frau gar nicht sucht, aber Mann gefunden werden will.
Ob ich vielleicht das Kleingedruckte nicht gelesen hatte? Wollten da nur komische Männer bei Frauen übernachten? Sollte ich meinen Account löschen?
🙄🙄
Nö, vielleicht brauche ich das selber nochmal.. Das war sicher ein Zufall, die zwei Anfragen, dachte ich. Wer kommt denn schon in mein Kaff, dachte ich.
Dachte ich.